Es gibt Tage, da läuft einfach alles wie im Film – nur leider nicht wie ein spannender Actionkracher, sondern eher wie eine gemütliche Nachmittagsdoku mit langgezogenen Einstellungen. So ein Tag war das. Der Tag, an dem ich beim Arzt im Wartezimmer eingeschlafen bin. Und zwar nicht einfach so. Nein. Ich habe geschnarcht. Laut. So laut, dass selbst die Lesebrille der Dame neben mir gewackelt haben muss.
Aber fangen wir vorne an. Es war ein ganz gewöhnlicher Dienstagmorgen, und ich hatte einen Termin zur Routineuntersuchung. Nichts Dramatisches, einfach nur der übliche Check-up. Mein Hausarzt ist ein ruhiger, netter Kerl – immer freundlich, immer gelassen. Das Wartezimmer allerdings… das ist eine andere Geschichte. Dort herrscht eine ganz eigene Dynamik.
Das Wartezimmer – Bühne des Alltags
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber Wartezimmer haben ihren ganz eigenen Charme. Es gibt dort immer die gleichen Zeitschriften aus dem Jahr 2017, die gleichen drei Topfpflanzen (zwei davon halb vertrocknet), und natürlich diesen typischen Geruch: eine Mischung aus Desinfektionsmittel, Papier und leichten Nervenflattern.
Und dann dieses Gefühl des Stillstands. Menschen, die mit halb mürrischem, halb resigniertem Blick auf die Uhr starren. Kinder, die ungeduldig mit den Füßen wippen, während ihre Mütter ihnen leise etwas vorlesen. Ein Husten hier, ein Rascheln da – das Wartezimmer ist wie ein stiller Mikrokosmos der Gesellschaft. Und mittendrin: ich.
Die Wartezimmerzeit ist übrigens ein guter Ort für stille Beobachtungen. Wer genau hinsieht, erlebt kleine Geschichten: das ältere Ehepaar, das sich liebevoll neckt. Die junge Frau, die zum dritten Mal zur Tür blickt, obwohl sie genau weiß, dass sie nicht gleich dran ist. Und natürlich wir Opas – routiniert, ruhig, vielleicht ein bisschen zu gelassen.
An diesem Tag war das Wartezimmer recht gut gefüllt. Ich suchte mir einen Platz neben einem älteren Herrn, der mit geschlossenen Augen dalag – vermutlich schon im Halbschlaf. Vor mir eine Frau mit einem Husten, der sich anhörte wie ein bellender Dackel. Ich nahm also Platz, zog mein Smartphone aus der Tasche, tippte noch ein bisschen herum… und dann passierte es.
Das Nickerchen des Jahrhunderts
Zunächst war da nur die Müdigkeit. Ein angenehmer Schleier, der sich langsam über mich legte. Die Stimmen um mich herum wurden dumpfer, das Licht schien weicher. Und ehe ich mich versah, war ich weg. Komplett weg. Nicht so ein bisschen dösen, sondern richtig eingeschlafen. Inklusive Kopf-nach-vorne-Klappen, leicht offenem Mund – und eben auch: Schnarchen.
Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen habe. Vielleicht zehn Minuten, vielleicht auch eine halbe Stunde. Was ich aber weiß: Ich wurde nicht etwa sanft geweckt. Nein. Ich wurde durch mein eigenes Schnarchen geweckt. Stell dir das mal vor: Du schläfst und plötzlich hörst du ein lautes, röhrendes Geräusch – und merkst dann, dass du selbst der Verursacher bist.
Es war, als hätte mein eigenes Trommelfell Alarm geschlagen. Ich schreckte hoch, ein wenig desorientiert, und sah in viele Augenpaare. Ein Kind grinste mich an, seine Mutter versuchte, nicht zu lachen. Der ältere Herr neben mir war offensichtlich nicht mehr im Halbschlaf – wahrscheinlich hatte mein akustischer Ausflug ihn ebenfalls aus den Träumen gerissen.
Und ich? Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wenn man schon unfreiwillig auffällt, dann bitte mit Stil. Schnarchen mit Volumen, das hat nicht jeder drauf.
Die Reaktionen – zwischen Belustigung und Mitleid
Als ich die Augen öffnete, sah ich in mehrere Gesichter. Einige schmunzelten, andere taten so, als wäre nichts passiert. Die ältere Dame mit der zitternden Brille sagte freundlich: „Na, das war doch ein erholsames Nickerchen, nicht wahr?“
Ich konnte gar nicht anders, als lachen. Was sollte ich auch machen? Mich schämen? Ach was. In meinem Alter lernt man, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Außerdem – und das wurde mir später klar – hatte ich den anderen Wartenden unfreiwillig ein wenig Unterhaltung geboten.
Die Arzthelferin, die kurz darauf hereinkam, grinste ebenfalls. „Ich dachte schon, jemand sägt heimlich Möbel zurecht“, sagte sie verschmitzt und rief den nächsten Patienten auf. Es war ein Moment, in dem ich merkte: Peinlich wird etwas nur dann, wenn man es selbst peinlich findet.
Ein jüngerer Mann im Hoodie sagte später im Flur zu mir: „Respekt, das klang richtig zufrieden.“ Und ich dachte: Ja, warum eigentlich nicht?
Opa-Tipp: Scham ist überbewertet
Weißt du, was ich aus dieser Situation mitgenommen habe? Dass wir viel zu oft denken, wir müssten perfekt sein. Immer wach, immer fit, immer kontrolliert. Aber ehrlich gesagt – was ist schon dabei, mal ein kleines menschliches Malheur zu erleben? Niemand hat gelacht, um mich auszulachen. Die meisten haben gelächelt, weil sie sich wiedererkannt haben.
Wir alle sind müde. Vom Alltag, von Verpflichtungen, von Terminen. Und wenn der Körper sagt: „Jetzt mal Pause!“, dann hört er eben nicht immer auf die Uhrzeit oder den Ort. Dann ist es halt das Wartezimmer. Mit Publikum. Und weißt du was? Das ist völlig okay.
Manchmal ist es genau dieses Loslassen, dieses kleine Stolpern im Alltag, das uns sympathisch macht. Es zeigt, dass wir echt sind. Dass wir atmen, fühlen, schlafen – und ja, auch schnarchen dürfen.
Was danach geschah – und warum ich jetzt immer Bonbons dabeihabe
Nach meinem kleinen Auftritt wurde ich übrigens als Nächster aufgerufen. Vielleicht aus Mitleid, vielleicht aber auch, weil ich akustisch die Dringlichkeit meiner Untersuchung unterstrichen hatte. Im Sprechzimmer musste ich selbst lachen, als der Arzt meinte: „Sie waren ja ganz schön im Traumland eben.“
Ich antwortete trocken: „Ich wollte die Wartezeit sinnvoll nutzen.“ Da mussten wir beide grinsen.
Seitdem habe ich mir angewöhnt, immer ein kleines Pfefferminzbonbon in der Tasche zu haben – einfach, um wach zu bleiben. Oder zumindest gut zu duften, falls ich doch wieder eindöse. Und es gibt einen weiteren Grund: Bonbons sind ein prima Gesprächsthema. Wenn man sie einem Kind im Wartezimmer anbietet (natürlich mit Zustimmung der Eltern), bricht das sofort das Eis.
Und: Ich nehme mir seither manchmal ein kleines Kissen mit, so ein Nackenhörnchen. Nur für den Fall.
Ein kleiner Exkurs: Warum schnarchen wir eigentlich?
Kurzer Abstecher in die Wissenschaft, versprochen ohne Fachchinesisch: Schnarchen entsteht, wenn sich die Muskeln im Rachenbereich entspannen und die Atemwege teilweise blockieren. Die Luft muss dann durch eine engere Öffnung – und das verursacht die bekannten Geräusche. Meist harmlos, manchmal auch ein Hinweis auf Schlafapnoe.
Wer also öfter mal mitten am Tag einschläft oder stark schnarcht, sollte das ärztlich checken lassen. Es kann einfach nur Müdigkeit sein – oder auch ein Signal dafür, dass der Körper nachts nicht ausreichend zur Ruhe kommt. Und da wir Opas ja gut auf uns achten wollen, ist so ein kleiner Check-up nie verkehrt.
Ich habe übrigens in der Folgezeit ein wenig an meiner Schlafhygiene gearbeitet. Feste Schlafenszeiten, weniger Kaffee am späten Nachmittag, und das gute alte Hörbuch zum Einschlafen. Hilft nicht nur gegen Einschlafprobleme – sondern verhindert auch spontane Nickerchen beim Hausarzt.
Die Moral von der Geschichte
Wenn du das nächste Mal im Wartezimmer sitzt und dich die Augenlider schwer anfühlen – nimm es mit Humor. Vielleicht wirst du auch zum heimlichen Star des Tages. Oder du versüßt jemand anderem den langweiligen Vormittag. Und falls du mal schnarchst: Du bist nicht allein. Wir sind viele.
Und noch was: Manchmal entstehen die besten Anekdoten aus Momenten, die wir zunächst als unangenehm empfinden. Ein kurzer Kontrollverlust, ein kleiner Patzer – und plötzlich ist da eine Geschichte, die du Jahre später noch lachend erzählst.
Man nennt das wohl Lebenskunst – wenn man aus Alltagsmomenten Geschichten macht, aus Peinlichkeiten Pointen formt und aus dem Warten beim Arzt einen persönlichen Klassiker. Ich jedenfalls werde diese Szene nie vergessen. Und ich hoffe, die anderen Wartenden auch nicht. Ein bisschen Lachen hat noch niemandem geschadet.
In diesem Sinne: Lass dich nicht stressen, bleib wach – oder schlaf halt mal ein. Aber vergiss das Pfefferminzbonbon nicht!