Als ich in Rente ging, dachte ich: Jetzt wird das Leben ruhiger. Keine Termine, keine Deadlines, keine Verantwortung mehr. Und ja, das war auch eine Zeit lang schön. Doch nach ein paar Monaten merkte ich, dass mir etwas fehlte. Nicht unbedingt das Geld – wobei ein kleiner Zuschuss nie schadet – sondern das Gefühl, gebraucht zu werden. Eine Aufgabe, die mich fordert. Und so kam es, dass ich begann, mir mit kleinen Aufträgen etwas dazuzuverdienen. Nicht weil ich musste – sondern weil ich wollte.
Warum überhaupt dazuverdienen?
Vielleicht fragst Du Dich: Muss das sein? Bist Du nicht in Rente, um zu genießen? Klar – aber genießen heißt für mich nicht Stillstand. Ich wollte aktiv bleiben, unter Menschen kommen, Neues lernen. Und ja, ich wollte mir auch ab und zu etwas gönnen, ohne lange zu rechnen. Ein gutes Essen, ein Ausflug mit den Enkeln, neue Wanderschuhe – eben Dinge, die das Leben schöner machen.
Außerdem finde ich: Wenn man seine Erfahrung, sein Wissen und seine Fähigkeiten noch nutzen kann – warum nicht?
Die ersten Schritte: Probieren geht über Studieren
Am Anfang stand die Frage: Was kann ich überhaupt anbieten? Ich bin kein gelernter Handwerker und auch kein Programmierer. Aber ich bin zuverlässig, pünktlich, freundlich – und ich kann zuhören. Also habe ich überlegt, was ich gerne tue:
- Ich helfe gern beim Tragen und Aufbauen.
- Ich erkläre Technik verständlich.
- Ich schreibe gerne.
- Ich telefoniere nicht ungern.
Mit diesen einfachen Beobachtungen habe ich mich auf Plattformen wie nebenan.de, eBay Kleinanzeigen (heute „Kleinanzeigen“) oder auch regionalen Jobbörsen umgeschaut. Und siehe da: Der Bedarf ist riesig – besonders an Menschen, die einfach mit anpacken.
Was ich heute alles mache
Mittlerweile habe ich einen kleinen Mix aus Aufgaben, die sich gut ergänzen und flexibel in meinen Alltag passen. Hier ein Einblick in meinen ganz persönlichen Nebenverdienst-Mix:
1. Einkaufs- und Begleitservice
Viele ältere Menschen oder berufstätige Nachbarn suchen jemanden, der ihnen beim Einkaufen hilft oder sie zum Arzt begleitet. Ich fahre mit dem Fahrrad oder manchmal mit Bus und Bahn, helfe beim Tragen oder bin einfach nur dabei. Für viele zählt das Gespräch fast mehr als die Dienstleistung.
2. Hilfe bei Technikfragen
Ich nenne das gern mein „Senioren-Support-System“. Ich zeige anderen, wie man E-Mails schreibt, das WLAN einrichtet, das Handy bedient oder Onlinebanking nutzt. Meist für einen kleinen Stundensatz oder auch mal gegen Kuchen.
3. Texte schreiben oder korrigieren
Durch Zufall habe ich über einen Bekannten erfahren, dass lokale Unternehmen immer wieder Hilfe bei der Texterstellung brauchen – sei es für Flyer, Webseiten oder Newsletter. Ich habe früher viel geschrieben, also war das ein Volltreffer. Und: Ich kann das ganz entspannt von zu Hause aus machen.
4. Hilfe auf dem Flohmarkt
Zweimal im Monat helfe ich einem Freund beim Auf- und Abbau seines Flohmarktstands. Ich bekomme einen kleinen Anteil vom Umsatz oder ein festes Trinkgeld. Das macht Spaß, hält fit – und man lernt skurrile Menschen kennen.
5. Kleinreparaturen
Ich bin kein Profi, aber ich kann einen Wasserhahn entkalken, ein Regal aufhängen oder eine Lampe anschließen. Das wissen auch meine Nachbarn – und so klingelt ab und zu jemand. Ich nehme kein Geld, aber die meisten bestehen auf einem kleinen Dankeschön. Und manchmal gibt es dafür auch einen kleinen Auftrag über eine lokale Handwerker-Plattform.
Wie ich an die Aufträge komme
Das war anfangs die größte Hürde. Ich wollte ja nicht hausieren gehen. Aber mit der Zeit hat sich einiges ergeben:
- Mund-zu-Mund-Propaganda ist Gold wert. Wer einmal zufrieden war, empfiehlt einen weiter.
- Ich habe kleine Aushänge in Supermärkten, Apotheken und Gemeindezentren gemacht.
- Bei nebenan.de habe ich ein Profil erstellt und ganz offen geschrieben, was ich gerne mache.
- Manchmal spreche ich auch Leute direkt an – zum Beispiel, wenn ich sehe, dass jemand mit etwas zu kämpfen hat.
Wichtig ist: immer freundlich, nie aufdringlich – und ehrlich sagen, was man kann und was nicht.
Wie viel ich damit verdiene
Das kommt ganz drauf an. Ich mache das nicht jeden Tag und auch nicht acht Stunden am Stück. Mein Ziel war nie, reich zu werden, sondern sinnvoll etwas dazuzugewinnen.
In einem guten Monat komme ich auf 200 bis 400 Euro extra. Das ist nicht die Welt, aber es summiert sich:
- Das Weihnachtsgeschenk für den Enkel ist kein Problem.
- Ein Wochenende an der Ostsee liegt drin.
- Und ich kann mir ab und zu ein gutes Essen im Restaurant leisten.
Aber der größte „Lohn“ ist etwas anderes: Wertschätzung. Kontakte. Das Gefühl, gebraucht zu werden.
Was Du brauchst, um loszulegen
Du musst kein Spezialist sein. Viel wichtiger ist:
- Zuverlässigkeit: Wenn Du etwas zusagst, dann halte es ein.
- Freundlichkeit: Menschen merken, ob Du das gerne machst.
- Geduld: Manches dauert länger, gerade bei Technikfragen.
- Lust am Austausch: Reden gehört dazu. Und Zuhören auch.
Wenn Du handwerklich geschickt bist, ist das ein großer Vorteil. Aber auch Menschenkenntnis, Lebenserfahrung und Organisationstalent zählen. Vieles kannst Du nebenbei lernen – Hauptsache, Du traust Dich.
Steuer, Versicherung und Co – das solltest Du wissen
Auch wenn Du „nur ein bisschen hilfst“: Sobald Geld im Spiel ist, solltest Du Dich informieren.
- Die 520-Euro-Regelung (früher: Minijob) ist oft ein guter Rahmen.
- Wenn Du selbstständig tätig bist (z. B. Texter, Nachhilfe), brauchst Du ein Gewerbe – das geht unkompliziert beim Rathaus.
- Rentenversicherungsbeiträge musst Du in der Regel nicht mehr zahlen.
- Wichtig: Den Nebenverdienst in der Steuererklärung angeben – oft reicht eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Ein Steuerberater kann Dir helfen, den besten Weg für Dich zu finden. Ich selbst habe es mir einmal genau erklären lassen – und seitdem läuft alles reibungslos.
Mein persönliches Fazit
Ich bin nicht mehr jung, aber ich bin noch lange nicht fertig. Die kleinen Aufträge, die ich heute mache, sind keine Last – sie sind ein Geschenk. Sie halten mich fit, bringen mich mit Menschen in Kontakt und geben meinem Alltag Struktur.
Ich verdiene kein Vermögen – aber ich gewinne viel. An Selbstwert, an Freude, an Lebenslust.
Wenn Du also überlegst, ob Du Dir in der Rente etwas dazuverdienen willst – ich kann Dir nur sagen: Tu es. Nicht aus Zwang, sondern aus Neugier. Nicht aus Angst, sondern aus Lust am Leben.
Vielleicht ist es nur ein Spaziergang mit dem Nachbarhund. Oder ein paar Stunden Nachhilfe. Oder Du hilfst jemandem beim Streichen. Es spielt keine Rolle – Hauptsache, es macht Dir Freude.
Denn Du hast etwas zu geben. Und das ist mehr wert, als jede Rente es je ausdrücken könnte.