Gesellschaft & EngagementPolitik & Meinung aus Opas SichtWarum Klimaschutz keine Altersfrage ist

Warum Klimaschutz keine Altersfrage ist

Weil wir alle auf demselben Planeten leben – und Verantwortung keine Frage des Geburtsjahres ist.

Ich bin Opa. 72 Jahre alt, mit weißen Haaren, wachen Augen und einem Herz, das sich bei jedem Sonnenuntergang daran erinnert, wie schön unsere Welt sein kann. Ich bin keiner, der mit Schildern auf Demos marschiert. Ich schreibe keine wütenden Kommentare im Internet. Aber ich beobachte. Ich denke nach. Und ich spreche mit meinen Enkeln. Und dabei wird mir immer klarer: Klimaschutz geht uns alle an. Egal wie alt wir sind.

„Für meine Enkel“ reicht nicht mehr

Lange Zeit habe ich gesagt: „Ich möchte, dass meine Enkel noch eine intakte Welt erleben.“ Das war ehrlich gemeint, aber auch bequem. Es klang gut, stellte mich auf die Seite der Vernünftigen, ohne dass ich selbst groß etwas ändern musste. Heute sehe ich das anders. Heute sage ich: „Ich mache mit. Jetzt. Nicht nur für meine Enkel, sondern für uns alle.“

Denn der Klimawandel ist kein Zukunftsthema. Er ist Gegenwart. Und wir haben keine Zeit mehr zu warten, bis nur noch die Jungen übrig sind, um das Ruder herumzureißen. Wir älteren Generationen haben jahrzehntelang gelebt, konsumiert, gereist, gebaut und gekauft – und oft wenig über die Ökobilanz nachgedacht. Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir Verantwortung übernehmen.

 

Auch wenn viele von uns nicht mehr berufstätig sind, haben wir Einfluss. Wir kaufen ein, wir reisen, wir gestalten unseren Alltag. Genau hier liegt ein großer Hebel. Wer heute sagt „Ich bin doch schon alt, was soll ich noch ändern?“ verkennt, wie viel Gewicht auch ein einzelner Lebensstil haben kann – im Freundeskreis, in der Familie, in der Nachbarschaft.

Erfahrung ist kein Hindernis, sondern ein Schatz

Ich habe in meinem Leben viele Umbrüche erlebt: den Mauerfall, den Aufstieg des Internets, wirtschaftliche Krisen, gesellschaftliche Wandel. Immer hieß es: „Das ist jetzt halt so.“ Und wir haben gelernt, damit umzugehen. Warum also sollten wir nicht auch den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit mittragen können?

Manche meiner Altersgenossen sagen: „In meinem Alter ändere ich mich nicht mehr.“ Aber das stimmt so nicht. Ich habe gelernt, E-Mails zu schreiben, Onlinebanking zu nutzen und mit dem Handy meine Bahnverbindung zu checken. Warum sollte ich nicht auch lernen, meinen Konsum klimafreundlicher zu gestalten?

Unsere Generation weiß, wie man mit wenig auskommt. Wir haben gelernt zu reparieren, statt wegzuwerfen. Wir sind mit Pfandflaschen aufgewachsen, haben Kleidung aus zweiter Hand getragen und saisonal gekocht, lange bevor es ein Trend war. Dieses Wissen sollten wir nicht als Relikt vergangener Zeiten abtun – es ist wertvoller denn je.

„Die Jugend soll’s richten“ ist unfair

Ich sehe die Fridays-for-Future-Demos, die engagierten jungen Menschen, die sich für ihre Zukunft einsetzen. Und ich bewundere sie. Aber ich finde es falsch, ihnen die ganze Last aufzubürden. Es ist nicht ihre Aufgabe allein, das aufzuräumen, was wir über Jahrzehnte hinterlassen haben. Das wäre so, als würde ich meinem Enkel den Abwasch von drei Generationen überlassen und dann sagen: „Mach mal.“

Klimaschutz braucht alle. Die Jungen mit ihren Ideen, ihrer Energie und ihrem Mut. Aber auch uns Älteren mit unserer Lebenserfahrung, unseren Netzwerken und unserer Vorbildfunktion. Wenn wir als Großeltern zeigen, dass Veränderung möglich ist, geben wir nicht nur Hoffnung, sondern auch Rückenwind.

Gerade in politischen Diskussionen höre ich oft: „Lasst uns realistisch bleiben.“ Realistisch wäre, dass sich alle Altersgruppen zusammentun und die Verantwortung gemeinsam tragen. Denn sonst bleibt es ein Generationenkonflikt – dabei ist es doch ein gemeinsames Überleben.

Kleine Schritte, große Wirkung

Ich will ehrlich sein: Ich werde nicht mehr mit dem Rucksack um die Welt trampen oder mich aufs Fahrrad schwingen, um ins nächste Dorf zu fahren. Aber ich kann Dinge ändern, die in meinem Alltag machbar sind. Ich kaufe regionale Produkte, ich esse weniger Fleisch, ich fahre öfter Bus statt Auto. Ich informiere mich darüber, wie ich meinen Energieverbrauch senken kann. Ich hinterfrage mein Konsumverhalten.

Und das schöne ist: Ich merke, dass es mir gut tut. Ich fühle mich aktiver, bewusster, lebendiger. Klimaschutz ist kein Verzicht, es ist eine Haltung. Eine, die verbindet statt trennt.

Ich habe inzwischen in meiner Garage eine kleine Werkbank eingerichtet, wo ich alte Dinge repariere: eine Lampe, ein kaputtes Vogelhäuschen, ein Radio von 1983. Dinge, die sonst im Müll gelandet wären. Das gibt mir das Gefühl, nicht nur etwas für die Umwelt zu tun, sondern auch wieder mit meinen Händen zu schaffen. Es erdet mich.

Gespräche über Generationengrenzen hinweg

Ich liebe die Gespräche mit meinen Enkeln. Sie erklären mir Begriffe wie CO2-Fußabdruck, erzählen von nachhaltigen Start-ups und neuen Technologien. Ich erzähle ihnen, wie wir früher mit Milchflaschen zum Kiosk gegangen sind, wie wir Kleidung geflickt statt weggeworfen haben, wie es war, mit weniger auszukommen.

Dabei merken wir beide: Nachhaltigkeit ist kein neues Konzept. Vieles, was heute als klimafreundlich gilt, war früher ganz normal. Vielleicht können wir voneinander lernen. Die Jungen vom Bewusstsein der Alten – und die Alten vom Schwung der Jungen.

Diese Gespräche helfen auch dabei, Vorurteile abzubauen. Ich habe gelernt, zuzuhören, wenn mein Enkel mir sagt, warum er bestimmte Produkte boykottiert. Und er hört mir zu, wenn ich erzähle, wie wir früher mit der Ressource Wasser umgegangen sind – sparsam, fast schon ehrfürchtig. Diese wechselseitige Achtung macht unsere Beziehung stärker.

Politik braucht die Stimme der Älteren

Oft wird gesagt: „Die Alten wählen konservativ, weil sie keine Veränderung wollen.“ Aber das muss nicht so sein. Auch wir können politisch Verantwortung für das Klima übernehmen. Wir können Parteien wählen, die echte Umweltpolitik machen. Wir können unsere Stimme erheben, wenn Entscheidungen getroffen werden, die auf Kosten der kommenden Generationen gehen.

Ich glaube fest daran: Wenn wir Älteren klar und laut sagen, dass wir den Wandel wollen, dann kann das viel bewegen. Denn wir gelten als erfahren, als besonnen, als Stimmen der Vernunft. Lasst uns diese Rolle nutzen.

Ich habe kürzlich an einer Bürgerversammlung teilgenommen und zum ersten Mal öffentlich gesagt: „Ich wünsche mir eine mutigere Klimapolitik – auch, wenn sie unbequem ist.“ Die Reaktion? Zustimmendes Nicken, auch von Leuten in meinem Alter. Manchmal braucht es nur einen, der den Anfang macht.

Klimaschutz als Generationenvertrag

Früher gab es das Wort „Generationenvertrag“ vor allem im Zusammenhang mit Rente. Heute müssen wir ihn neu denken: als Klimavertrag. Als Abmachung zwischen Alt und Jung, dass wir gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft sorgen.

Das heißt nicht, dass jeder alles perfekt machen muss. Aber es heißt: Jeder kann etwas tun. Jeder Schritt zählt. Und kein Alter ist zu alt, um anzufangen.

Ich denke oft an meinen Großvater, der mir beigebracht hat, wie man Holz spart, wie man Gemüse konserviert, wie man den Garten mit Regenwasser gießt. Das war gelebter Umweltschutz – lange bevor man das Wort überhaupt kannte. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass ich dieses Wissen weitergebe – nicht nur in Worten, sondern in Taten.

Mein Fazit: Ich bin Teil der Bewegung

Ich bin kein Klimaaktivist im klassischen Sinne. Ich bin ein Großvater, der begriffen hat, dass unser Tun Konsequenzen hat. Der gemerkt hat, dass es sich gut anfühlt, Teil der Lösung zu sein statt Teil des Problems. Der seinen Enkeln nicht nur gute Ratschläge, sondern ein gutes Beispiel geben möchte.

Klimaschutz ist keine Altersfrage. Es ist eine Frage der Haltung, der Verantwortung, der Liebe zur Welt, die uns umgibt. Und die ist nicht nur für die Jungen da. Sie ist für uns alle.

 

Wir sind nicht zu alt, um zu handeln. Wir sind genau richtig, um den Wandel mitzugestalten. Vielleicht nicht mit der Energie von 20-Jährigen, aber mit der Weisheit von 70-Jährigen. Und das ist ein Schatz, den wir einbringen sollten – aus Überzeugung, aus Liebe und aus Respekt vor allem, was kommt.

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