Ich bin Opa. Und ich bin laut geworden. Nicht weil ich es liebe, zu meckern. Nicht weil ich der Meinung bin, früher sei alles besser gewesen. Sondern weil ich eines gelernt habe: Wenn wir immer nur nicken und still weitermachen, ändert sich nichts. Gar nichts.
In den letzten Jahren habe ich mehr geschwiegen als mir lieb ist. Ich habe zugesehen, wie Entscheidungen getroffen wurden, die mir nicht gefallen haben. Ich habe erlebt, wie sich der Ton in der Gesellschaft verschärft hat. Wie junge Menschen nach Orientierung suchen – und manchmal in die falsche Richtung laufen. Wie ältere Menschen vergessen werden. Wie sich eine Kälte breitmacht, die ich so nicht kannte. Und ich habe geschwiegen. Aus Bequemlichkeit. Aus Höflichkeit. Aus Müdigkeit.
Aber weißt du was? Damit ist jetzt Schluss.
Es ist nicht egal, was passiert – und wie wir damit umgehen
Ich erinnere mich an früher, als mein Vater noch sagte: „Da mischt man sich nicht ein.“ Damals war das vielleicht angebracht. Doch heute ist es anders. Heute leben wir in einer Zeit, in der Wegschauen Konsequenzen hat. Und zwar für uns alle.
Wenn ich sehe, wie Kinder hungern – mitten in Deutschland. Wenn ich beobachte, wie Nachbarn einander meiden, statt miteinander zu reden. Wenn ich höre, wie Hassparolen in der Öffentlichkeit laut ausgesprochen werden, als wäre das normal – dann kann ich nicht mehr ruhig bleiben. Dann juckt es mich in den Fingern. Dann will ich etwas tun. Sagen. Einmischen.
Nicht aus Trotz, sondern aus Verantwortung.
Verantwortung endet nicht mit dem Ruhestand
Manche denken vielleicht: „Der Alte hat doch seine Zeit gehabt. Jetzt sollen mal die Jüngeren ran.“ Mag sein. Aber Verantwortung kennt kein Alter. Und Lebenserfahrung ist kein Relikt aus vergangenen Tagen, sondern ein Schatz, den man teilen muss. Gerade dann, wenn es unbequem wird.
Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, alles besser zu wissen. Aber ich sehe sie darin, das Gespräch zu suchen. Meinung zu zeigen. Haltung zu haben. Nicht nur am Stammtisch, sondern auch bei der Wahl. Nicht nur unter Freunden, sondern auch im Alltag. Beim Einkaufen. Im Bus. Im Netz.
Denn Schweigen ist keine Tugend, wenn es Ungerechtigkeit bedeutet.
Was mich zum Einmischen bewegt
Es sind nicht die großen Schlagzeilen allein. Es sind oft die kleinen Dinge:
- Wenn ein junger Mensch im Bus nicht aufsteht für jemanden, der nicht mehr gut laufen kann.
- Wenn Rentnerinnen an der Supermarktkasse Münzen zählen und sich schämen.
- Wenn ein Kind traurig guckt, weil es sich beim Ausflug kein Eis leisten kann.
Ich sehe das. Und ich spüre: Da läuft etwas schief. Und genau da möchte ich ansetzen. Nicht mit dem Holzhammer, sondern mit Herz und Verstand.
Zuhören ist wichtig – aber dann kommt das Handeln
Natürlich höre ich gerne zu. Ich lasse mir erklären, was in der Welt los ist. Was junge Menschen bewegt. Was in der Politik passiert. Aber irgendwann reicht das Zuhören nicht mehr. Irgendwann muss man auch aufstehen und sagen: „So nicht.“
Ich habe angefangen, Leserbriefe zu schreiben. Ich habe angefangen, bei Veranstaltungen Fragen zu stellen. Ich spreche mit meinem Enkel über Politik. Über Klima. Über Respekt. Und ich merke: Das bewirkt etwas. Das bringt etwas in Bewegung.
Denn wenn ich mich einmische, dann bin ich nicht der Besserwisser. Dann bin ich der, der zeigt: Du bist nicht allein. Du darfst auch Haltung zeigen.
Was ich konkret tue – und was du auch tun kannst
Ich habe keine Revolution gestartet. Aber ich mache mit. Ich engagiere mich ehrenamtlich. Ich unterstütze lokale Initiativen. Ich unterschreibe Petitionen. Ich biete Gespräche an. Ich widerspreche, wenn jemand Unsinn redet. Ich schreibe, was ich denke – so wie hier.
Und ich lade dich ein: Mach das auch. Es muss nicht laut sein. Es muss nicht perfekt sein. Aber es muss ehrlich sein.
Denn wenn wir Opas aufhören, uns einzumischen, wer bleibt dann übrig?
Der Opa von heute ist kein stummer Beobachter mehr
Ich kenne viele Männer in meinem Alter, die genauso denken wie ich. Die sich nicht länger als alt und erledigt abstempeln lassen wollen. Die sich nicht schämen, ihre Meinung zu sagen. Die ihre Stimme nutzen wollen, um etwas zu bewegen. Für ihre Enkel. Für ihre Nachbarn. Für ihre Gemeinschaft.
Wir sind keine Besserwisser – wir sind Bessermacher. Mit Herz. Mit Erfahrung. Mit Humor. Und mit Mut.
Ich sage nicht, dass ich immer recht habe. Aber ich sage, dass ich nicht mehr alles still hinnehme. Und das ist der erste Schritt in die richtige Richtung.
Warum es Mut braucht, sich einzumischen
Sich zu äußern heißt auch: Man bekommt Gegenwind. Man eckt an. Man wird vielleicht belächelt oder gar beschimpft. Aber weißt du was? Das ist es wert. Denn wer immer nur mitschwimmt, landet irgendwann in einer Strömung, die ihn ganz woanders hinführt.
Ich will nicht treiben. Ich will rudern. Und wenn nötig, auch mal gegen den Strom.
Denn es gibt Werte, für die lohnt sich der Einsatz: Respekt. Ehrlichkeit. Zusammenhalt.
Und ich bin bereit, dafür aufzustehen. Immer wieder.
Es geht um unsere Zukunft – nicht nur um unsere Vergangenheit
Man sagt oft, dass ältere Menschen in der Vergangenheit leben. Mag sein, dass ich manchmal nostalgisch werde. Aber ich mische mich nicht ein, weil ich zurück will – sondern weil ich will, dass es vorangeht. Mit Sinn. Mit Menschlichkeit. Mit Rücksicht.
Ich will nicht, dass meine Enkel in einer Welt großwerden, in der jeder nur an sich denkt. In der Schwächere übersehen werden. In der Wahrheit austauschbar wird.
Deshalb bringe ich mich ein. Mit der Kraft, die ich habe. Mit dem Wissen, das ich gesammelt habe. Und mit der Hoffnung, dass es etwas bewirkt.
Einmischen heißt mitgestalten – nicht nur meckern
Es geht nicht darum, alles schlecht zu reden. Es geht darum, genau hinzuschauen. Zu hinterfragen. Vorschläge zu machen. Und zuzupacken, wenn’s drauf ankommt.
Ich glaube daran, dass jede Generation etwas beizutragen hat. Und dass wir Älteren nicht nur Geschichten erzählen sollen – sondern auch Verantwortung übernehmen dürfen.
Für das Heute. Und für das Morgen.
Mein Appell an dich: Sei kein stummer Opa
Wenn du diesen Text liest und denkst: „Ja, so geht’s mir auch manchmal“, dann tu mir einen Gefallen: Sag es laut. Schreib es auf. Sprich mit deinen Freunden. Mit deinen Enkeln. Misch dich ein – auf deine Art.
Denn wir brauchen Menschen, die nicht alles still hinnehmen.
Wir brauchen Opas, die Haltung zeigen.
Wir brauchen dich.